Das Wilderness Camp Gharagab stand für heute auf unserem Programm. Für die relativ kurze Strecke von rund 160 km hatte unser Routing System eine Fahrzeit von 4 Stunden berechnet, wir hatten deshalb reichlich Zeit und wollten möglichst an allen Wasserlöchern zwischen Nossob, Unions End und Gharagab verweilen. Nach dem Motto der frühe Vogel fängt den Wurm, ging es zum Sonnenaufgang in Erwartung auf Katzensichtung nochmals zum Wasserloch Nossob. Um 6:30 Uhr war am Hide noch nichts los, keine Besucher und leider auch keine Tiere. Einzig die Sonne war uns wohl gesonnen und zauberte ein Spektakel an den Himmel.
Die morgendliche Kälte sorgte jedoch dafür, dass selbst mein Zwiebelkostüm nach kurzer Zeit nicht den gewünschten Effekt brachte. In Erwartung auf einen heißen Kaffee ging es deshalb zurück zum Bungalow, um in dessen Schutz das Frühstück zu genießen. Ein defekter Herd verweigerte leider seine Unterstützung, weshalb das Frühstücksangebot angepasst werden musste.
Ohne uns lange aufzuhalten, wollten wir dann doch lieber den Tag im Park verbringen, deshalb wurde alles rasch verpackt. Die nächste Überraschung erwartete uns an der Rezeption. Unseren Laufzettel im Park wurde am Vortag von der Rezeption einbehalten und musste nun beim Verlassen des Camps wieder abgeholt werden. Nach etlichen Versuchen den Zettel zu finden gab die Dame an der Rezeption auf. Der Zettel war nicht aufzufinden, da hatte wahrscheinlich ein anderer Besucher unseren Zettel erwischt. Es blieb dem Personal nun nichts anderes übrig uns ein neues Permit auszustellen, 30 Minuten Geduld waren dazu notwendig. Ausgestattet mit diesem Dokument durften wir dann endlich das Camp durch das zweite Tor Richtung Norden verlassen.
Inhaltsverzeichnis
Von Nossob nach Unions End
Auf einer Wellblech-Pad ging es nun entlang des Nossob von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt. Reichlich Oryx-Herden, Gnus und Rote Kuhantilopen säumten bis zur Lijersdraai Picnic Site unseren Weg. Nachteilig war auf dieser Strecke, das unser Hilux zu tief lag. Hohe Ränder entlang der Pad mit zusätzlichem Buschwerk erschwerte den Ausblick. Eine braune Hyäne, welche die Pad querte, konnten wir deshalb nur kurz beobachten bis sie im Buschwerk verschwand. Ein anderes Fahrzeug mit höherem Aufbau wäre empfehlenswert. An den Wasserlöchern, welche meist kein Wasser führten, ließ sich jedoch kein Wild blicken. Mein persönlicher Eindruck ist, dass die Pumpstationen speziell im nördlichen Bereich, wo die wenigsten Besucher anzutreffen sind, wenig oder gar keine Wartung erhalten.
Erst kurz vor Lijersdraai entdeckten wir zwei Löwen, welche es sich zwar nicht am Wasserloch, dafür aber mitten im Nossob bequem gemacht hatten. Leider war die Entfernung für ein gutes Foto etwas zu weit, wir erfreuten uns aber an den Zweien, fanden es jedoch nicht freundlich, dass sie sich bereits nach kurzer Zeit zum gegenüberliegenden Ufer davon machten. Da der Picknickplatz in unmittelbarer Nähe lag, war dies aber eine kleine Warnung die Umgebung dort im Auge zu behalten. Wir wollten ja nicht unsere Snacks mit den Löwen teilen. Im Schatten eines riesigen Kameldornbaumes leisteten uns jedoch nur die gefiederten Gesellen Gesellschaft.
Zufahrt zum Camp Gharagab
Circa 3 km hinter der Lijersdraai Picnic Site zweigt der Weg nach Gharagab ab. Dieser Weg darf jedoch nicht als Zufahrt verwendet werden, da der Trail nur in einer Richtung befahren werden darf. Vorbei an der Zufahrt zum Grootkolk Wilderness Camp ging es deshalb weiter bis zum trockenen Wasserloch Union’s End, erst dort geht der Trail nach Gharagab ab. Diese zwar sandige, aber mit einem Allradfahrzeug gut zu befahrene Strecke, führt durch abwechslungsreiches reizvolles Gelände vorbei an dem ebenfalls trockenen Wasserloch Gharagab bis zum Wilderness Camp. Der Weg ist zwar teilweise ruppig und kurvenreich, aber ohne großen Steigungen und ohne Tiefsand. Einige Erdmännchen, Oryx, Steinböckchen Strauße und Schakale waren dabei unsere Zaungäste.
Wilderness Camp Gharagab
Nach 7 Stunden erreichten wir um 15:30 Uhr das Camp . Vier Safari-Zelte in angenehmer Entfernung zueinander und ein zusätzliches Zelt für den Camp Manager Eric auf einer Anhöhe mit Blick auf das im Tal gelegene Wasserloch, mehr gibt es dort nicht. Einsamkeit in unberührter Wildnis, exakt unsere Traumvorstellung. Eric gab uns eine kurze Einweisung und weist uns das Zelt Nummer 4 zu. Um die Sicherheit im Camp zu gewährleisten, sollen wir immer die Umgebung im Blick behalten. Falls wir den etwas höher gelegenen Aussichtsturm besuchen wollen, sei Vorsicht geboten. Drei Tage vorher hatte es sich ein Rudel Löwen am Turm bequem gemacht. Zu beachten sei auch, dass die Türe zu unserer Terrasse immer geschlossen werden muss. Wie sich später herausstellte eine weise Entscheidung.
Das Auto konnten wir direkt neben dem Zelt parken, trotzdem räumten wir alle wichtigen Utensilien vom Auto ins Zelt. Wir wollten ja nicht im Dunklen in der Anlage herumtappen. Endlich waren wir in unserem Paradies angekommen. Relaxen auf der Terrasse mit dem Blick ins Tal und zum Wasserloch, entschleunigen war angesagt. Die Vogelwelt begrüßte uns herzlich und quartierte sich als Untermieter ein.
Sie veranstalteten ein Konzert mit erheblicher Lautstärke und forderten auf diese Art wohl ihre Gage ein. Da kann Frau nicht widerstehen und Mann muss eine Vogeltränke bauen, welche sofort von den Vögeln angenommen wurde. Nur gut, dass ich meinen Bohnensack mit Vogelfutter gefüllt hatte. Die Piepmätze machten sich sofort darüber her. Besonders freche Kerlchen hatten auch keine Scheu sich direkt an unserem gedeckten Tisch zu bedienen. Langeweile konnte da nicht aufkommen. Im Tal ging es gemächlicher zu, Springböcke waren die einzigen Gäste.
Gharagab Hide
Zum Sonnenuntergang machten wir uns vorsichtig auf den Weg zum Hide. Immer die Umgebung im Blick, nicht das wir über die Löwen stolpern! Leider oder besser Gott sei Dank waren die Katzen nicht da und wir konnten den mit einem Zaun gesicherten Hide erklimmen. Der feuerrote Himmel produzierte ein gigantisches Spektakel, der richtige Augenblick den Sichtungs-Fee-Bestechungs-Willi zu zücken. Auf die Wirkung waren wir gespannt!
Zurück auf unserer Terrasse wurde gebrutzelt und die Burenwurst, Lammkotelett und das Grillgemüse zubereitet. Zusammen mit einem schweren Roten ließen wir es uns gut gehen.
Endlich entstand auch Bewegung am Wasserloch, der Bestechungs-Willi hatte wohl geholfen. Sechs Fleckenhyänen und eine Braune Hyäne stillten ihren Durst. Das schwache Licht und die Entfernung zum Wasserloch gestaltet die Beobachtung jedoch schwierig. Tipp: Die Zelte 1 und 2 sind zur Beobachtung besser geeignet.
Nächtlicher Leopardenbesuch
Das High Light des Abends kam um 20:30 Uhr. Ein Lichtstrahl aus dem Nachbarzelt wanderte dauernd suchend im Hang herum. Unsere südafrikanischen Nachbarn waren mit einer sehr starken Leuchte ausgestattet und hatten etwas entdeckt. Schnell wurden auch unsere Taschenlampen aktiviert. Die Freude war groß, ein Leo war im Hang zwischen Wasserloch und Zelten unterwegs. Unbeeindruckt von den Lichtstrahlen kam er immer näher. Nur ca. 30 m von unserem Zelt entfernt, war er auf einmal mit einem Satz, in dem dort stehenden Baum verschwunden. Gut getarnt harte er dort aus, einzig das Funkeln seiner Augen war im Licht der Lampen immer wieder zu erkennen. Ich denke, er hatte uns deutlich besser im Blick wie wir ihn.
Nach rund 10 Minuten gegenseitiger Beobachtung war er es wohl leid und mit einem Satz auf dem Boden um sich schnurstracks in Richtung unseres Zeltes in Bewegung zu setzen. Jetzt wurde es uns aber mulmig, wollte er uns wirklich einen Besuch abstatten und seine Streicheleinheiten abholen. Der Leopard, ein mächtiger Kerl, war wohl wie alle Katzen nur neugierig und marschierte bis zum Terrassenaufgang. Nur gut, dass wir die Terrassentüre geschlossen hatten. Ein kurzer Blick und er verschwand entlang der Zeltwand und unserem Auto.
Todesmutig oder besser gesagt extrem neugierig schlich Lada an die Ecke und konnte noch den wedelnden Schwanz am anderen Ende des Zeltes bewundern. Ihr Hinweis, er schleicht um unser Zelt, führte bei mir zum sofortigen Rückzug, so dicht wollte ich ihm doch nicht aufs Fell rücken. Naseweis Lada konnte es jedoch nicht lassen und schlich zum anderen Eck unserer Terrasse. Der Schreck war dann aber riesig, beim Blick um die Ecke stand der Leo 2 Meter vor ihr. Ein Satz von Lada und sie war im Zelt. Schnell alles dicht gemacht gab es uns zwar ein Gefühl von Sicherheit aber nur das Gefühl. Wir hatten noch vor Augen wie der Leo in den Baum gesprungen war, da dürfte unser kleiner Zaun kaum ein Problem darstellen. Immer wieder hörten wir, wie er am Zelt seine Krallen wetzte, an schlafen war dann kaum zu denken. Ich bin dann aber wohl doch eingenickt, Lada war der Schreck aber so in die Glieder gefahren, dass der Schlaf sich kaum einstellen wollte.
Am nächsten Morgen inspizierten wir vorsichtig die Umgebung, wir hatten ja festgestellt wie gut getarnt der Leo im Baum verschwunden war. Auch unsere Nachbarn waren auf der Suche und wir konnten so unsere Erfahrung austauschen. Ein Foto hatte keiner von uns gemacht, die Aufregung war zu groß. Wir waren uns aber einig, dieses Erlebnis ist so fest im Gedächtnis eingebrannt wie kaum ein anderes. Um zu dokumentieren, dass der Leo vor unserem Zelt stand, gibt es nur ein Foto seiner Spuren.
Resümee: Der Sichtungs-Fee-Bestechungs-Willi war wohl extrem stark, davon bräuchte es mehr, mal sehen, ob das Rezept im Forum zu bekommen ist.
Als ich am nächsten Morgen so gegen 7:00 Uhr den Kopf aus dem Zelt streckte, fror mir fast die Nase ab, Temperaturen im einstelligen Bereich, da musste alles was wärmt herhalten. Selbst die ersten Sonnenstrahlen brauchten ihre Zeit um die Temperatur in einen erträglichen Bereich zu steigern. Eingehüllt in Decken mit einem heißen Kaffee in der Hand wurde es langsam erträglicher.
Unmengen von Springböcken im Tal machte die Temperatur jedoch nichts aus. Sie jagten sich und sprangen in riesigen Sätzen herum. Es war ein formidables Schauspiel.
Als wir dem Camp-Mager Eric von dem nächtlichen Besuch erzählten erfuhren wir, dass der Leo nun schon die zweite Nacht dem Camp einen Besuch abgestattet hatte, da waren wir aber auf die nächste Nacht gespannt. Den Tag nutzen wir, um die Fotos zu sichten, Tagebuch zu schreiben und Ordnung in unsere Klamotten zu bringen. Immer wieder ging dabei der Blick zu unserer Vogelwelt und zum Wasserloch, wo Springböcke und Strauße ein und aus gingen. Erstaunt waren wir auch von der Blütenpracht in dieser doch extrem trocken Gegend, kleine bunt leuchtenden Blüten gab es an allen Ecken.
Ein kleiner Spaziergang in unmittelbarer Camp Umgebung und schon ging es wieder ans Abendessen. Pünktlich mit der Dunkelheit tauchten einige bekannte Besucher auf. Hyänen stillten ihren Durst und eine Wildkatze kaum zu erkennen strich ums Wasserloch. Die Milchstraße über der Ebene verlieh dem Ganzen mit seinen tausenden von Sternen eine irre Aura.
Der Leo wollte aber nicht wieder erscheinen oder er kam erst als wir uns bereits in den Federn verkrochen hatten, um uns vor der Kälte zu schützen.
Leider ging es am nächsten Tag weiter, mal schauen, was der Tag so bringt. Gharagab dürfte kaum zu übertreffen sein.
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